Zum Inhalt springen

insulinresistenz.club

Zimt gegen Zucker: Hilft Zimt gegen Insulinresistenz?

  • von

Zimtsterne, Bratapfel, Lebkuchen und Co.: eine Prise Zimt verleiht all diesen Leckereien der Vorweihnachtszeit die besondere Note. Jedoch wird Zimt nicht nur immer häufiger wegen seines Geschmacks geschätzt. Die Empfehlung zur Verwendung des Gewürzes taucht auch immer wieder in Zusammenhang mit Typ 2 Diabetes auf. Zimt solle positive Effekte auf den Blutzucker haben…

Was da dran ist und wie die Situation bei Insulinresistenz aussieht, lesen Sie in diesem Artikel von Judith Greimel, Diätologin (BSc Diätologie, MSc Ernährungsmedizin). Sie beschäftigt sich seit vielen Jahren mit den Themengebieten hormonelle Gesundheit (Endokrinologie), Stoffwechsel und Fruchtbarkeit. Damit deckt sie z.B. das PCO-Syndrom, Insulinresistenz, Schilddrüsenerkrankungen aber auch allgemeine Thematiken zur Ernährung bei Kinderwunsch(-behandlungen) ab. Mehr von Judith könnt ihr auf ihrer Seite lesen www.fertileaty.com 

…Wirkungen von Zimt auf Blutzucker und Insulin-Stoffwechsel
In Laborversuchen konnte man tatsächlich durch den Einsatz von Zimt Verbesserungen der Insulinresistenz in der Skelettmuskulatur nachweisen. In Fettzellen war die beobachtete Wirkung von Zimt sogar den Medikamenten der Thiazolidindione ähnlich. Das sind Insulin-Sensitizer, die in der Diabetestherapie eingesetzt werden und das Gewebe auf Insulin wieder empfindlicher machen können. Das klingt doch erstmal vielversprechend. Aber leider lässt sich nicht immer, was zuvor auf Zell-Ebene in der Petri-Schale funktioniert hatte, auf den Menschen umlegen.

Die Studienlage zu den Effekten von Zimt auf den Stoffwechsel des Menschen ist sogar ziemlich uneinheitlich:
– Es gibt einige Studien am Menschen, die gar keine Auswirkungen von Zimt auf den Zucker-Stoffwechsel gefunden haben.
– Der noch am häufigsten beobachtete Effekt von Zimt war die Senkung des Nüchtern-Blutzuckerspiegels in diversen Studien.
Insulinsensitivität und Insulinresistenz: Der Einsatz von Zimt hatte in einer Studie zwar einen Effekt auf die Insulinsensitivität, aber keinen nachhaltigen. Sobald die tägliche Zimtdosis abgesetzt wurde, sind die positiven Wirkungen auch wieder verblasst. Insgesamt wurde der Effekt von Zimt auf die Insulinresistenz auch in zu wenigen Studien untersucht um hier abschließende Aussagen tätigen zu können.
– Auch auf HbA1c, Serum-Insulinspiegel oder postprandiale Glucosewerte konnte in den Studien bisher kein Unterschied zwischen Zimt und Placebo festgestellt werden.
Die Wissenschaft kann sich also aufgrund der aktuell vorliegenden Informationen derzeit weder für oder gegen den Einsatz von Zimt als Supplementen bei Glucosestoffwechselstörungen aussprechen. Wer sich trotz dessen dazu entscheidet, Zimt therapeutisch einzusetzen, soll sich über die weiteren Aspekte des Zimtkonsums bewusst sein. Denn es gilt auch bei „natürlichen“, pflanzlichen Mitteln nicht immer das Motto „Hilft es nicht, schadet es nicht“.
Zimt ist nicht gleich Zimt
Es gibt unter anderem Cassia-Zimt und Ceylon-Zimt. Beide Zimtarten unterscheiden sich in Qualität und Inhaltsstoffen: Der billigere und deshalb im Handel und Produkten übliche Cassia-Zimt enthält weitaus mehr Cumarin als Ceylon-Zimt. Cumarin ist ein Inhaltsstoff, der zwar als Aroma- und Duftstoff dient, aber auch bereits in niedrigen Mengen aufgrund seiner leberschädigenden Wirkung bekannt ist.

Nun ist es so, dass in den Studien beim Menschen zu den Auswirkungen von Zimt auf Diabetes und Glucosestoffwechsel hauptsächlich aber der cumarinreiche Cassia-Zimt zum Einsatz gekommen ist. Im Durchschnitt wurden hier Mengen von ca. 2g Zimt (vorwiegend Cassia-Zimt) am Tag verabreicht, auch Dosierungen von 5g Zimt täglich waren nicht unüblich. Das bedeutet, dass es durch die Verwendung von Cassia-Zimt in relevanten Dosierungen auch zu einer hohen Cumarinbelastung des Körpers und der Leber kommt.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat errechnet, dass die tolerierbare tägliche Cumarinaufnahme für einen 60kg schweren Menschen bei 2g Cassia-Zimt bereits erreicht ist. Da es auch EU-weit keine Höchstgrenzen für den Cumaringehalt in Zimt gibt, lässt sich die exakte Belastung für Sie im Einzelfall auch nicht genau feststellen. Außerdem gilt es zu bedenken, dass es neben Zimt auch noch andere Quellen für die Cumarinaufnahme gibt.
Tipp:
Achten Sie beim Einkauf von Zimtpulver oder -Stangen ausdrücklich darauf, dass es sich um Ceylon-Zimt handelt. Wird keine genaue Angabe ausgewiesen, sollte man eher davon ausgehen, dass es sich wohl um Cassia-Zimt handelt.
Was ist der Ausweg? Ceylon-Zimt ist prinzipiell dem Cassia-Zimt vorzuziehen, da er einen geringeren Cumaringehalt aufweist. Da Ceylon-Zimt aber meistens gar nicht in Studien eingesetzt wurde, sondern eben nur sein cumarinreicher Bruder, ist es äußerst fraglich ob ähnliche Effekte vom Ceylon-Zimt hinsichtlich Zuckerstoffwechsels zu erwarten sind.
Achtung bei Zimt-Kapseln
Entscheiden Sie sich für ein Zimt-Nahrungsmittelergänzungsmittel, empfiehlt das Bundesinstitut für Risikobewertung jedenfalls, zuerst zu überprüfen auf welcher Basis von Zimt das Präparat hergestellt wurde und ob eine etwaige Vorbehandlung des Zimts stattgefunden hat. Es ist leider durchaus möglich, dass die tolerable tägliche Aufnahmemenge von Cumarin durch die Dosierungsempfehlung von Zimt-Nahrungsergänzungsmitteln überschritten wird.

Zusammenfassung:
– Von der gebräuchlichen Verwendung von Zimt oder dem üblichen Verzehr von zimthaltigen Speisen (welche meist auch kalorien- und zuckerreich sind ) sind keine relevanten, positiven Effekte auf die Insulinresistenz zu erwarten.
– Es ist unklar, ob die Einnahme von Zimtpulver oder Zimt-Nahrungsergänzungsmitteln zu therapeutischen Zwecken einen Effekt auf die Insulinwirkung beim Menschen hat. In der entsprechenden Dosierung kann es dadurch sogar zu einer erhöhten Aufnahme von Cumarin kommen. Das könnte wiederum mit einer Leberschädigung einhergehen.
– Der cumarinärmere Ceylon-Zimt ist für den Einsatz in der Küche empfehlenswert. Allerdings ist seine therapeutische Wirkung auf Glukosestoffwechselstörungen noch unklarer, da er in Studien kaum untersucht wurde.

Quellen:
Rafehi et al. (2012) Controversies surrounding the clinical potential of cinnamon for the management of diabetes. Diabetes Obes Metab.;14(6):493-9.
Kirkham et al. (2009) The potential of cinnamon to reduce blood glucose levels in patients with type 2 diabetes and insulin resistance. Diabetes Obes Metab.;11(12):1100-13.
Solomon (2009) Changes in glucose tolerance and insulin sensitivity following 2 weeks of daily cinnamon ingestion in healthy humans. Eur J Appl Physiol.;105(6):969-76.
Leach & Kumar (2012) Cinnamon for diabetes mellitus. Cochrane Database Syst Rev.;(9):CD007170.
http://ernaehrungsdenkwerkstatt.de/fileadmin/user_upload/EDWText/TextElemente/Lebensmittel/Zimt_Cumarin_BFR_Abraham_Viortrag_2007.pdf
http://www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_cumarin_in_zimt_und_anderen_lebensmitteln-8439.html

 

 

Schlagwörter: