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Hashimoto Thyreoiditis bei Insulinresistenz. Interview mit Sebastian Franke

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Erstmal Vielen Lieben Dank Sebastian das du dir für ein Interview Zeit genommen hast. Thema „Hashimoto“ wird bei uns in der Insulinresistenz-Selbsthilfegruppe immer öfters relevant, da es bei den 2 Erkrankungen Zusammenhänge gibt, dazu aber später. Fangen wir aber erst einmal von vorne an.

Sebastian Franke-
Sportler und Ernährungsexperte aus Berlin, der als einer der wenigen männlichen Hashimoto Patienten selbst an IR litt, erfolgreich seine Östrogendominanz bekämpfte und dadurch fast 50Kg abgenommen hat. Er leidet außerdem an Gluten Unverträglichkeit und widmet sich nun mit seinem Blog Hashimoto-Kampfansage und dem dazugehörigen YouTube Kanal der ganzheitlichen Behandlung, Ernährung und Optimierung des Stoffwechsels und der Hormone.
Er betreut und unterstützt daneben einige der größten Hashimoto-gruppen auf Facebook als Admin. http://hashimoto-kampfansage.de/

 

Könntest du meinen Lesern sehr einfach, so das alle es verstehen können, erklären was Hashimoto –Thyreoiditis ist?

Hashimoto ist eine autoimmune, also leider chronische und derzeit nicht heilbare, fortschreitende Erkrankung und chronische Entzündung der Schilddrüse durch Angriff und Abwehr des Immunsystems. Der Körper erkennt die Schilddrüse fälschlich als Fremdkörper und versucht diese zu zersetzen und abzustoßen. Die Schilddrüse fängt an sich zu wehren und anfangs unkontrolliert Stoffwechselhormone auszustoßen – es kommt dadurch oft erst einmal zu einer Überfunktion des Stoffwechsels und manchmal auch zur Strumaentwicklung oder Verknotung des Schilddrüsengewebes.

Mit Fortschreiten von Hashimoto wird die Schilddrüse dann immer träger und beginnt letztlich auch sich dem Druck zu ergeben. Irgendwann stellt sie ihren Dienst dann komplett ein und/oder löst sich teilweise oder komplett auf – es kommt dann zu einer dauerhaften Unterfunktion und Unterversorgung des gesamten Organismus mit Stoffwechselhormonen und letztlich auch Nährstoffen. Unentdeckt und unbehandelt würde es wohl irgendwann zu Organversagen führen.

Seit ca. 2 Jahren bist du aktiv in Facebook Gruppen zum Thema Hashimoto-Thyreoiditis und Ernährung. Jeden Tag tauscht du dich mit Betroffenen aus und liest über deren Symptome und Probleme. Welche Symptome haben Patienten die an einer autoimmunen Schilddrüsenentzündung leiden?

Das lässt sich nicht so einfach runterbrechen und hängt auch vom Stadium der Erkrankung, einer Unterfunktion, Überfunktion und dem allgemeinen Gesundheitszustand ab. Die Symptome reichen oft von ganz offensichtlichen physischen Dingen, wie Schwindel und Migräne, Schluckbeschwerden, Kratzen im Hals, Atemnot, Sprachausfällen und motorischen Störungen oder Muskelschwäche und -Schmerzen, über mentale und psyschische Beschwerden, wie Antriebslosigkeit, Müdigkeit und komplett depressiven Phasen mit Panikattacken und Ängsten, bis hin zur biochemischen und hormonellen Ebene.

In den Facebook Gruppen geht es um einen Austausch, aktuelle Blutwerte und Einstellung mit Medikamenten, Symptombesprechungen, allgemeine Hilfe und Hilfe zur Selbsthilfe, Beratung und Rückfragen der Mitglieder zum Thema Hashi.

Mein persönliche Fokus liegt dabei in der Motivation es anzupacken und auf der Basis des Körpers. Ich befasse mich viel mit der grundlegenden Einstellung der Blutwerte und Nährstoffe der Betroffenen, mit der Ernährung und natürlich körperlicher Aktivität. Mir ist es wichtig, das die Leute verstehen was sie da mit sich herum tragen und sich dem nicht unter ordnen, sondern es als zu sich gehörig begreifen.

Neben den allgemeinen großen Gruppen, bin ich Admin in der Gruppe: „die Hashis machen Low Carb“ und habe im Verlauf diesen Jahres die Facebookgruppe „die Hashis machen Sport“ gegründet, in der der Fokus auf gegenseitiger Motivation und Sport liegt. Da ich selbst Sportler bin, weiß ich um die positiven Eigenschaften von Sport und Bewegung auf den Stoffwechsel, Krankheiten und letztlich auch das Wohlbefinden.
Wie wird diese Erkrankung diagnostiziert? Was würdest du den Patienten, die es bei sich vermuten z.B. an Hand der Symptomatik mit auf den Weg geben?

Fragt eure Hausärzte nach einem großen Blutbild mit TSH Basal, ft4 und ft3 Werten. Diese werden von den Krankenkassen auch übernommen und geben erste Hinweise auf eine Schieflage des Stoffwechsels. Darüber hinaus kann man andere Blutwerte, wie Antikörper, einen Ultraschall und/oder eine Szintigraphie, also eine nuklearmedizinische Bildgebung der Schilddrüse machen, um abzuklären, ob es sich wirklich um eine autoimmune Erkrankung der Schilddrüse handelt oder nur um eine vorübergehende Entzündung und Unterfunktion.

Später werden auch Nährstoffe und Vitamine wichtig, die unsere Krankenkassen und damit auch die meisten Ärzte sehr ungern abnehmen, da sie damit kein Geld verdienen. Sie sind aber die Basis der physiologie und Biochemie unseres Körpers und bei Mängeln können das gesamte Immunsystem geschwächt und Stoffwechselprozesse ausgebremst werden. Schilddrüsenhormone, die übers Blut transportiert und wichtige endokrine Organe versorgen, werden dann nur noch schwer gebildet und umgewandelt.

Oft machen die Ärzte wenn sie die SD untersuchen wollen, nicht immer die komplette SD Diagnostik, auf was sollten wir achten?

Auf die wichtigsten Werte bin ich ja gerade schon eingegangen. Ich fasse daher noch einmal zusammen, wie ein typisches Blutbild für uns aussehen sollte.

TSH Basal
Werte bis 2,5 sind hier aktuell, bei erkannter Hashimoto strebt man mittlerweile oft Werte unter 1 an.

FT4 und FT3
Das sind die stoffwechselrelevanten Werte, die wir oft versuchen ins oberere Drittel der Skala zu bringen, solange man sich damit gut fühlt. Dafür gibt es freie Rechner im Netz, um sich seine L-Thyroxin Dosis anzupassen. Gute Endokrinologen und Nukearmediziner wissen um die Wichtigkeit dieser Werte und werden euch entsprechend helfen. Hier ist entscheidend, wie das allgemeine Wohlbefinden ist. Ich würde hier nicht mehr auf Teufel komm raus irgendwelche gezielten Werte anstreben.

Antikörper aus typischerweise TPO-AK und Tg-AK
Bis zu 30% der Patienten haben allerdings keine Antikörper, man spricht dann von einer „seronegativen“ Hashimoto Thyreoiditis. Antikörperwerte können sich im Verlauf der Krankheit schnell verändern oder gar verschwinden, später plötzlich wieder auftauchen. Das bedeutet nicht das man geheilt ist.
Wir sprechen oft von Schüben, in denen man plötzlich Symptome merkt, obwohl man sich monatelang gut fühlte. Da das gesamte Immunsystem betroffen ist, können im Verlauf auch neue Symptome auftreten. Hashi ist autoimmun und daher chronisch und nicht heilbar. Umso wichtiger ist es, immer mal wieder auf die wichtigsten Nährstoffe und Vitamine zu schauen, diese bestehen aus:

Zink, Selen, Ferritin(Eisenspeicher), Holo TC(aktives B12), 25-OH-Vitamin-D3
außerdem macht Magnesium Sinn, wenn man Vitamin D3 supplimentiert. Viele Hashimoto Patienten leiden, wie normale Menschen übrigens auch, an einem Mangel an Vitamin D3 und damit fast automatisch auch an Magnesium und Zinkmangel. Das Immunsystem verbraucht bei fortschreitendem Verlauf immer mehr Nährstoffe, um sich zu wehren. Auch für Vitamin D3 gibt es Rechner im Netz, die uns helfen können in einem bestimmten Zeitraum auf einen guten Wert zu kommen, der entsprechend bei uns auch höher ist. Wir rechnen hierbei auch mit einem Verlustfaktor von 1,5, durchs autoimmun aktive Immunsystem.

Das Blutbild sollte bei Dosisveränderungen von Schilddrüsenhormonen alle 6-10 Wochen, im Regelfall einmal im Jahr gemacht werden. Ich empfehle alle halbe Jahre. Hashi kann sich rasant entwickeln.

Weitere Infos findet ihr jederzeit auf meinem Blog: www.Hashimoto-Kampfansage.de
oder auf meinem Youtube Kanal (zu finden über die Webseite), in dem ich nun nach und nach beginne Videos zum Thema zu machen, die der Auklärung und der Selbsthilfe dienen sollen.

Bei der Erkrankung Hashimoto Thyreoiditis wird oft zusätzlich auch eine Insulinresistenz diagnostiziert. Es gibt da, wie wir wissen, Zusammenhänge und Studien dazu. Könntest du uns kurz erläutern, warum es so ist? Warum Menschen die Probleme mit Übergewicht haben, an Hashi erkranken können und anders herum – Menschen mit Hashi Probleme mit Gewicht haben können.

Wir haben mit dem Hashi tatsächlich wohl einen gestörten Zuckerstoffwechsel. Dieser resultiert aus der auch dazu führt das die Cholesterinwerte oder Blutdruck oft chronisch erhöht sind. Das wiederum führt zur Fetteinlagerung in der Leber, einer gestörten Steroidbiosynthese, die unter anderem unsere Sexualhormone steuert und bei fortschreiten der Krankheit, oft auch zu Fettleber und Iinsulinresistenz/ Glukoseintoleranz, dann Diabetes Typ 2 führt. Zu Grunde liegen dann meist vorher schon alle Schwerpunkte für ein metabolisches Syndrom vor. Durch den verminderten Stoffwechsel des angegriffenen Immunsystems haben viele Hashis mit Unterfunnktion oder schlecht eingestellten Sexualhormonen auch Übergewicht, obwohl sie ein normales und aktives Leben führen, mit einer bis dahin wie es immer heißt „normalen und ausgewogenen Ernährung“. Der Kreislauf beginnt, sobald die Schilddrüse beginnt ihren Dienst zu reduzieren oder einzustellen

Der Körper versucht dann durch den Abbau von Nährstoffen und Vitaminen das System und die Synthese und Umwandlung von Hormonen aufrecht zu erhalten. Die T4 Lager werden dann leer geräumt, um den Spiegel des maßgeblich stoffwechselaktive T3, als im Blut gelöstes freies T3 (ft3), aufrecht zu erhalten. Wir erkennen dann meist schon starke Ungleichgewichte im ft4 zu ft3 Blutbild. Es gilt dann abzuklären ob es an einer zu hohen oder niedrigen Dosis oder dem fehlen von Nährstoffen und Vitaminen liegt.

Hier beginnt meist ein neuer Kreislauf, denn viele Ärzte haben schlichtweg weder das Wissen, das sie im Studium mal erworben haben darum behalten, noch die Zeit oder das Geld, um sich darum zu kümmern und nicht jeder von uns hat das Geld sich einen privaten Arzt zu nehmen.

Man befindet sich dann in einem strudelnden Rad von Unwissen, dem vermeintlichen Wissen doch normal zu leben und alles so zu machen wie alle Menschen auch und dem Glauben daran, das die Ärzte mir schon helfen werden.

Zur der Behandlung von Insulinresistenz gehören Ernährungsumstellung und viel Bewegung. Oft werden dadurch keine Medikamente gebraucht. Wir achten auf die Zufuhr von Kohlenhydraten (130-150g/Tag ist die Empfehlung) und achten dabei auf den glykämischen Index, die glykämische Last, sowie die Kombination von Produkten. Bewegen sollten wir uns 3x die Woche für mindestens 30 Minuten. Je mehr, umso besser ohne dabei in Stress zu geraten.

Wie sehen die Empfehlungen bei der Diagnose Hashimoto aus? Und wie sieht es mit dem Gluten und Milchprodukten aus?

In den USA strebt man für Hashimoto Patienten schon länger flächendeckend an, Gluten und Zucker stark zu reduzieren oder zu meiden und Low Carb zu gehen. Die Gründe dafür sind naheliegend und werden mehr und mehr mit Studien belegt.

Offenbar gibt es einen Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen, die den Stoffwechsel und die Hormonbildung beeinflussen und der Zuckerverstoffwechslung im Körper. Unser Körper ist ja bestrebt immer zu erst Zucker und Kohlenhydrate in einfache Glukose aufzuspalten und ins Blut zu bringen, um die Zellen damit zu füttern und diese mit Hilfe von Wasser als Energiespeicher einzulagern. Das nennen wir Glykogenspeicher. Diese, eigentlich für uns sekundäre, Form der Energiegewinnung geht am schnellsten für uns. Währenddessen kann der Körper Fette aber schlecht verstoffwechseln und aufspalten. Er lagert diese dann erst einmal in der Leber zwischen.

Wer jetzt durch eine schlechte Einstellung mit Schilddrüsenhormonen oder weil er schlicht bei den Ärzten jahrelang nicht wahr und ernst genommen wurde, mit einer Unterfunktion herum rennt und sich noch dazu beruflich und im Alltag kaum bewegt – also die eingelagerte Energie auch nicht wieder umsetzt, wird ein Problem kriegen. Der träge Stoffwechsel lagert mehr als in einem gesunden Maße, Fette in der Leber ein und kommt nicht hinterher Hormone in der „vollen“ Leber zu bilden und umzuwandeln. Die Folgen sind dann langfristig oft eine Fettleber, hohe und schädliche LDL Cholesterinwerte, Übergewicht, Dysbalancen in den Sexualhormonen und eine gesteigert, gestörte Glukoseaufnahme. Schwups haben wir eine Insulinresistenz. In einigen Fällen auch gleich mit begleitender oder schon vorher auftretender Androgenämie, Progesteronmangel, Östrogendominanz, PCO, PCOs oder PMS.

Die Gluconeogenese, also die Synthese von Glukose läuft in 3 Organen bei uns Menschen vollständig ab. Das sind Leber, Niere und der Darm. Wobei nur Leber und Niere jederzeit die erforderlichen Enzyme vorrätig haben.
Die Menge an Glukose die wir wirklich für Gehirn, zentrales Nervensystem, Nierenmark, rote Blutkörperchen und männliche Spermien brauchen, kann da ganz locker und easy gebildet werden. Deshalb arbeiten auch wir mit moderatem bis hartem Low Carb unter 150g Kohlenhydraten am Tag.

Viele verstehen das nicht nur nicht, sie wissen es schlichtweg nicht besser. Hier muss aufgeklärt werden. Ärzte tun dies aber in den wenigstens Fällen.
A) haben sie gar keine Zeit und keine Mittel mehr für uns Patienten und
B) liegt es nicht unbedingt in ihrem Interesse, gegen herrschende „Gesetze“ der DGE und Krankenkassen zu agieren, denn von denen werden sie letztlich finanziert.

Ich sage dann immer, das der Leidensdruck noch nicht groß genug ist, sich damit zu befassen und sich umzustellen.

Vielen Lieben Dank  Sebastian für deine Antworten und deine Zeit.