Kalorienbedarf korrekt bestimmen und Gründe, warum du trotz Kaloriendefizit nicht abnimmst

Dies ist ein Gastbeitrag von der Ernährungswissenschaftlerin, Autorin und Beraterin Alina Moritz (www.nahrungsdschungel.com).

Müssen wir Kalorien zählen, auch wenn wir uns konform ernähren? ­

Diese Frage lässt sich leider nicht pauschal beantworten. Wenn du dazu neigst, auch von „Gesundem“, wie Mandelmus, Käse, Nüssen oder Fleisch zu viel zu essen oder gar zu wenig zu essen, weil die „neuen“ Lebensmittel mehr Volumen haben auf weniger Kalorien, dann kann Kalorien zählen zumindest am Anfang sinnvoll sein. Du entwickelst dadurch ein Gespür für gesunde Portionsgrößen von z.B. Gemüse, Milchprodukten, Reis, Brot usw.

Doch zunächst sollten wir unseren Kalorienbedarf kennen. Dieser setzt sich zusammen aus:

  • Grundumsatz (RMR): Energiemenge, die du benötigst, um die lebenswichtigen Funktionen deines Körpers am Laufen zu halten.
  • Thermischer Effekt von Lebensmitteln (TEF): Alle Lebensmittel die du isst, verbrennen bei der Verdauung Kalorien – ­ je nach Art des Lebensmittels mehr oder weniger.
  • Bewegung im Alltag (NEAT): Job, Autofahren, Kochen, Schreiben, etc.
  • Sport: Spazieren, Krafttraining, Fußball, Joggen, Tennis, etc.

Es gibt einfache Rechner im Internet, um deinen täglichen Kalorienverbrauch zu bestimmen. Bei diesen gibt es aber starke Qualitätsunterschiede. Für einen der besten Rechner halte ich diesen hier: https://www.sportunterricht.ch/Theorie/Energie/energie.php

Du kannst deinen Kalorienbedarf allerdings auch selbst mit einem Taschenrechner bestimmen. Dazu gibt es verschiedene Formeln. Eine der besten Formeln ist die Mifflin-St. Jeor-Formel.

Mifflin-St. Jeor-Formel

Die Mifflin-St. Jeor-Formel berücksichtigt den Grundumsatz und ein bestimmtes Aktivitätslevel, welches jedoch nicht zwischen Freizeitaktivität, Job und Sport unterscheidet.

Schritt 1: Grundumsatz (RMR) berechnen

Männer: RMR = (10 × Gewicht in kg) + (6,25 × Größe in cm) – (5 × Alter) + 5
Frauen: RMR = (10 × Gewicht in kg) + (6,25 × Größe in cm) – (5 × Alter) – 161

Beispiel:

Eine Frau, die 30 Jahre alt und 160 cm groß ist und 60 kg wiegt, hat folgenden Grundumsatz:

RMR = 600 + 1000 – 150 – 161 = 1289 kcal / Tag.

Optional Schritt 1.1: Einbeziehung des Broca-Index bei einem BMI (Body Mass Index) über 30 kg/m²

Da mit steigendem Körperfettanteil der Grundumsatz pro Kilogramm Körpergewicht abnimmt, sollte ab einem BMI von 30 kg/m² eine Anpassung des Energiebedarfs vorgenommen werden. Dazu nutzt man den sogenannten Broca-Index.

Der neue Grundumsatz wird wie folgt berechnet:

GU Frauen= [2,4 x Gewicht (KG) + 9 x Größe (cm) – 4,7 x Alter – 65]

GU Männer = [3,4 x Gewicht (KG) + 15,3 x Größe (cm) – 6,8 x Alter – 961]

Beispiel 2:
Ein Mann, der 40 Jahre alt und 170 cm groß ist und 100 kg wiegt, hat folgenden Grundumsatz:
GU = 340 + 2601 – 272 -961 = 1708 kcal / Tag

Schritt 2: Aktivitätsfaktor festlegen und Leistungsumsatz berechnen

Wähle den Aktivitätsfaktor aus der folgenden Tabelle aus, der am besten auf dich zutrifft:

Ausschließlich sitzende bzw. liegende Tätigkeit / Lebensweise, z.B. alte, gebrechliche Menschen 1,2
Fast ausschließlich sitzende Tätigkeit mit wenig oder keiner körperlichen Aktivität in der Freizeit, z.B. Büroarbeit 1,3 bis 1,5
Überwiegend sitzende Tätigkeit mit zeitweilig gehender oder stehender Tätigkeit, z.B. Schüler / Studenten, Fließbandarbeiter, Laboranten, Kraftfahrer 1,6 bis 1,7
Überwiegend gehende oder stehende Tätigkeit, z.B. Verkäufer, Kellner, Handwerker, Mechaniker, Hausfrauen 1,8 bis 1,9
Menschen mit körperlich anstrengenden Tätigkeiten, z.B. Landwirte, Leistungssportler 2,0 bis 2,4

Für den Leistungsumsatz gilt:
Leistungsumsatz = Grundumsatz x (Aktivitätsfaktor – 1)

Beispiel: 1289 kcal x (1,7-1) = 902 kcal

Schritt 3: Gesamtkalorienbedarf berechnen

Kalorienbedarf = Grundumsatz + Leistungsumsatz

Beispiel: 1289 kcal + 902 kcal = 2191 kcal

 

Warum nimmst du nicht ab, obwohl du weniger als die durch die Formel oder den Rechner bestimmte Kalorienzahl isst?

Problem 1:
Du berechnest die aufgenommenen Kalorien falsch

Viele Menschen unterschätzen, wie viel sie essen. Sie „vergessen“, dass sie ganz unbewusst im Büro ein paar Kekse gesnackt haben, tracken nicht ein, dass sie beim Rausholen des Löffels aus der Erdnussbutter noch den Löffel abschlecken oder geben in den Kalorienrechner 1 Apfel ein, der aber nicht nur 130 g wiegt, wie in der App hinterlegt, sondern satte 230 g.

Problem 2:
Du isst zu wenig

Wenn du zu lange ein großes Kaloriendefizit hast (mehr als ca. 25 % unter deinem Bedarf), schaltet dein Körper auf Sparflamme. Dir ist kalt, deine Verdauung läuft schlecht, du bist ständig müde. Das alles sind Anzeichen dafür, dass dein Körper alle Maßnahmen ergreift,  um Kalorien zu sparen, weil er meint bald verhungern zu müssen.

Problem 3:
Dein Essen verbraucht weniger Kalorien

Je weniger verarbeitet ein Lebensmittel ist, desto mehr Energie muss dein Körper in den Verdauungsprozess investieren. Wenn du dich demnach von Brot mit Käse, Saft, Nudeln mit Bolognese und Milchreis mit Mandelmus und Apfelkompott ernährst, gehen weniger Kalorien bei der Verdauung verloren als bei ganzen Nüssen und Früchten, einem Rohkostsalat und einem Vollkornmüsli.
Außerdem haben die Makronährstoffe einer Mahlzeit einen erheblichen Einfluss auf den Thermic Effect of Foods (TEF): Bei Kohlenhydraten gehen 5-8 % der enthaltenen Kalorien während der Verdauung verloren, bei Fett sind es 2-4 % und bei Eiweiß 25-30 %. Wenn du dich proteinreich ernährst, steigt demnach dein täglicher Kalorienbedarf, bei fettreicher Kost sinkt er dagegen.
Nimmt man 1000 kcal aus Fett (was in etwa 110 Gramm entspricht) zu sich, können etwa 980 kcal vom Körper genutzt werden – von 1000 kcal aus Proteinen (ca. 245 Gramm) dagegen nur 720 kcal. Dies ist ein Unterschied von fast 300 kcal oder drei Scheiben Brot!

Problem 4:
Deine unbewusste Alltagsaktivität („Non Exercise Activity Thermogenesis“ = NEAT) ist sehr gering oder nimmt während einer Diät ab

Das Ausmaß des NEAT kann sehr stark variieren ­ zwischen einem Kalorienverbrauch von 375 kcal für bequeme Menschen bis zu 1000 kcal für zapplige, aktive Menschen. Letztere nutzen jede Gelegenheit, um vom Bürosessel aufzustehen, telefonieren z.B. im Gehen oder zappeln ständig mit den Füßen. Wenn sie mehr essen, bewegen sie sich unbewusst noch mehr. Die anderen wiederum setzen sich bei jeder Gelegenheit hin und zwar nicht steif wie ein Brett, sondern gemütlich angelehnt und wenn sie weniger essen, werden sie noch träger.

Problem 5:
Weniger Gewicht = geringerer Kalorienbedarf

Vielleicht hast du schon ein paar Kilos abgenommen, aber plötzlich geht gar nichts mehr? Dann solltest du wissen, dass weniger Gewicht einen geringeren Kalorienverbrauch bedeutet. Du musst also stetig deinen Kalorienbedarf mit deinem aktuellen Gewicht erneut berechnen.

Problem 6:
Deine Hormone sind im Ungleichgewicht

Das Thema Hormone ist ein sehr großes Gebiet. Es wird leider oft vernachlässigt und unterschätzt, welchen großen Einfluss Hormone auf unsere Gesundheit haben. Genau deshalb habe ich auch ein ganzes Buch diesem Thema gewidmet (Raus aus der Hormonfalle).
Um es nur kurz anzusprechen: Herrscht ein Mangel an Schilddrüsenhormonen, ein Überschuss der weiblichen Sexualhormone Östrogen und/oder Progesteron oder ein Überschuss von Cortisol durch zu viel Stress, kann das deine Gewichtsabnahme extrem erschweren. Lasse diese Werte also unbedingt bei deinem Arzt abchecken. Um Stress zu minimieren, achte auf genügend Schlaf und dass du dir Erholungspausen im Alltag gönnst.
Essen wir in einem Kaloriendefizit erhöhen sich darüber hinaus Hormone, die uns Hunger signalisieren (z.B. Ghrelin) und Hormone, die uns Sättigung signalisieren verringern sich (z.B. Leptin). Um diese Hormonfalle zu minimieren solltest du mindestens 600 g Gemüse pro Tag, ausreichend Protein, ballaststoffreiche Kohlenhydrate (z.B. Hülsenfrüchte) und gesunde Fette (z.B. Nüsse, Ölsamen, Kerne) essen. Vermeide hingegen Zucker, Säfte, Weißmehlprodukte, Wurst und Süßstoffe. Das Kaloriendefizit sollte zudem nicht höher als 20 % ausfallen. Brauchst du 2000 kcal, um dein Gewicht zu halten, esse also nicht weniger als 1600 kcal.

 

Richtiges Vorgehen, um deinen Kalorienbedarf zu bestimmen

Schritt 1:

Errechne dir deinen Kalorienbedarf mit oben genanntem Rechner oder der vorgestellten Formel.

Schritt 2:

Halte dich eine Woche an die errechnete Kalorienzahl.

  • Nimmst du davon zu? ­Iss je nach Höhe der Gewichtszunahme 100-300 kcal weniger
  • Nimmst du davon ab? Iss je nach Höhe der Gewichtsabnahme 100-300 kcal mehr

Schritt 3:

Halte dich eine Woche an die angepasste Kalorienzahl. Hast du nun dein Gewicht gehalten? Perfekt! Dann kennst du jetzt die Kalorienzahl, von der du dein Gewicht hältst.

Schritt 4:

Willst du Gewicht verlieren, orientiere dich an einem Kaloriendefizit von ca. 15 %. Benötigst du also 2000 kcal um dein Gewicht zu halten, solltest du etwa 1700 kcal essen.

Wenn du Hilfe bei der Umsetzung brauchst, unsicher bist, ob du die für DICH richtigen Mengen Kohlenhydrate, Fette, Proteine, Vitamine und Mineralstoffe isst oder einfach Fragen hast, weil du zusätzlich auch einige Lebensmittel nicht verträgst oder aus ethischen Gründen nicht essen möchtest (vegan / vegetarisch), dann kannst du dich gerne bei mir melden. Ich erstelle dir einen individuellen, auf dich zugeschnittenen Ernährungsplan, analysiere die Defizite oder Probleme deiner momentanen Ernährung und beantworte dir all deine Fragen in einem persönlichen Gespräch.

Deine Alina

Kontakt: alina.moritz1@gmx.de

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